Das Buch direkt bei Amazon bestellen Katja Brandis Hans-Peter Ziemek
Ruf der Tiefe

Gulliver TB
ISBN 978-3-407-74336-7
(Ab 13 Jahre)

Mit seinen 16 Jahren ist Leon bereits ein Profi:
Er gehört zur Elite der Flüssigkeitstaucher, die sich auch in 1000 Meter Tiefe frei bewegen können. Zusammen mit Lucy, einem intelligenten Krakenweibchen, sucht Leon nach Rohstoffen am Meeresgrund. Die Tiefsee ist sein Zuhause, viel vertrauter als das 'oben'.
Doch dann scheint das Meer verrückt zu spielen:
Am Grund breiten sich 'Todeszonen' aus, massenhaft ergreifen die Wesen der Tiefe die Flucht nach oben, an Land bricht Panik aus.
Bei einem verbotenen Tauchgang kommen Leon und Lucy einem fatalen Experiment auf die Spur - und stehen plötzlich auf der Abschussliste eines mächtigen Konzerns. Ausgerechnet Carima, eine junge Touristin von ‚oben', erweist sich als Leons einzige Verbündete …

Hintergrundinfos, Videos und mehr zum Buch finden sich unter www.rufdertiefe.de.
Unter anderem sind dort auch einige der Songs, die Katja Brandis beim Schreiben gehört hat – und wenn man sie abspielt, kann man sich gleich noch viel besser vorstellen, wie sich die Autorin gedanklich bis ganz unten an den Meeresgrund gebeamt hat ...

Rezension:
So manch einer der etwas älteren Leser mag sich bei der Eröffnungsszene an den 70er-Jahre-Kultschocker „Der weiße Hai“ (USA, 1975) erinnert fühlen:
Menschen, die unbeschwert im Wasser paddelt, plötzlich wird die Musik bedrohlich und ein riesiger Schatten nähert sich …

Doch in diesem packenden Wissenschaftsthriller, der nicht nur Jugendliche umgehend in seinen Bann zieht, wird es an diesem Punkt (fundiert) futuristisch und mystisch zugleich.

Wie die beruhigende Dunkelheit unter Wasser legen sich die Worte der Autoren um den Leser, sobald dieser mit dem 16jährigen Leon und seiner Krake Lucy in die Tiefen des Meeres in der der Nähe von Hawaii hinabsteigt.

Als Mitarbeiter der Tiefseestation „Benthos II“ sind die beiden Protagonisten – der Junge und seine tierische Gefährtin – im Dienst der ARAC, eines Konzerns, das sein Geld mit Meeresrohstoffgewinnung verdient, unterwegs: Sie suchen nach Mangankrusten, unter denen sich Metalle wie Mangan, Kobalt, Nickel und Platin verbergen, die es oben auf der Erde (fast) nicht (mehr) gibt.

Wir schreiben das Jahr 2018 – vieles hat sich geändert, die Wissenschaft hat enorme Fortschritte gemacht und vorher Undenkbares ist nun plötzlich möglich geworden:
Mit einer speziellen Technik und verschiedenen Hilfsmitteln können Kinder und Jugendliche unter Wasser atmen, genau wie die ihnen als Partner zugeteilten Meeresbewohner, mit denen sie per Handzeichen kommunizieren.
Die Verständigung mit den auf Schiffen und U-Booten zurückgebliebenen Kollegen erfolgt via Divepad, einem Computer, der unter Wasser funktioniert, auf dem sich alles speichern lässt und der Mundbewegungen in hörbare Sprache übersetzt.

Mehrere Stunden unter Wasser zu bleiben, ja sogar dort zu schlafen, ist kein Problem: Dank Spezialflüssigkeit in den Lungen sowie Oxyskin-Anzug, der Sauerstoff aus dem Wasser zieht und CO² abgibt.
Zur Ernährung dient aufbereitetes Plankton, das den Tauchern über eine Kanüle im Arm zugeführt wird.

Eine ganz eigene Welt ist es, in der die für diese Tätigkeit ausgewählten und handverlesenen Jugendlichen schon seit Jahren leben – die meisten werden im Alter von zwölf Jahren rekrutiert, damit sie das Atmen mit Ersatzflüssigkeit noch lernen können. Neben Leon gibt es noch Tom (13), Billie und Julian (beide 17), die mit einem Raubkalmar, einem Pottwale und einem Rochen arbeiten.

Sofort von der Tätigkeit der jungen Taucher fasziniert, ist auch die 15jährige Carima aus München, die mit ihrer Mutter zu Besuch auf die Station mit der internationalen Besatzung kommt.

Die beiden Jugendlichen, Amerikaner Leon und die junge Deutsche verstehen sich auf Anhieb – so unterschiedlich ihre Leben sind, so ähnlich sind sie sich doch in ihren Gefühlen: Nach außen hin verbindlich, und doch tief drinnen ausgesprochen unnahbar.

Diese Freundschaft wird schon kurze Zeit später für Leon überlebenswichtig, als diversen Seebeben erst ein großes Fischsterben folgt und Leon dann per Zufall mitbekommt, dass irgendetwas bei seinem Arbeitgeber im Argen liegt und seine Krake Lucy in großer Gefahr schwebt.

Der Junge will, nein muss herausfinden, was hier passiert.
Doch die andere Seite versucht, dies um jeden Preis zu verhindert und so beginnt eine noch nie erlebte Verfolgungsjagd der ganz andere Art, bei der alte Seilschaften, ebenso wie neue Beziehungen, Nanotechnologie, Stammzellenforschung und eine Gruppe von Umweltaktivisten eine gewichtige Rolle spielen.

Erfolgsautorin Katja Brandis, die ihre Fans bisher vor allem mit Fantasy- und Abenteuerromanen in den Bann zog, hat gemeinsam mit Hans-Peter Ziemek, seines Zeichens Biologe und Professor für Biologiedidaktik an der Universität Gießen, einen wahrlich ungewöhnlichen Roman verfasst, der Leser allen Alters und jeglicher Herkunft sofort in seinen Bann zieht.
Selbst wer die geheimnisvolle Welt am Meeresboden nur von Filmen oder Fotos kennt, fühlt sich bei der Lektüre so, als sei er oder sie selbst mit hinabgestiegen.
Auch auch wer die – im übrigen teilweise tatsächlich existierenden – Experimente rund um das Atmen mit Ersatzflüssigkeit und andere technische Errungenschaften (noch) nicht kennt, wird schnell der Faszination dieser speziellen Forschungsrichtung erliegen.

Einen ganz besonderen Stellenwert nehmen darüber hinaus natürlich die beschriebenen Beziehungen zwischen Mensch und Tier ein.
Hunde, Katzen, Pferde, auch Affen oder Vögel, und in der Wasserwelt Delfine: Dass sie in der Lage sind, mit Menschen zu kommunizieren, davon hat man schon gehört oder gelesen.
Aber ein Rochen? Ein zwei Meter langer Krake?
Darauf muss man erst einmal kommen!

Brandis und Ziemek gelingt es, packende Informationen so harmonisch in eine spannende Handlung einzubinden, dass der Text nie überfrachtet wirkt, aber dennoch echtes Wissen vermittelt.
Auch der Witz kommt nicht zu kurz (oder sind es gar die hellseherischen Fähigkeiten der Autorin?) – so erfahren etwa Leserinnen und Leser, dass im „Fluch der Karibik 7“ die Tochter von Angelina Jolie eine Hauptrolle übernommen hat.

Alles in allem ein ausgesprochen empfehlenswerter Wissenschaftsthriller für absolut jede Altersgruppe.

Miss Sophie