Das Buch direkt bei Amazon bestellen Nele Neuhaus
Wer Wind sät

(5. Band Bodenstein/Kirchhoff)
List TB
ISBN 978-3548283517

Ein Nachtwächter stürzt zu Tode.
Ein Grundstück im Taunus, das plötzlich zwei Millionen Euro wert ist, kostet einen alten Mann das Leben.
Pia Kirchhoff und Oliver von Bodenstein ermitteln im Kreise von Verdächtigen, die alle vorgeblich für eine gute Sache kämpfen.
Doch jeder von ihnen hat sein eigenes Motiv - nichts ist, wie es scheint. Bis die Lügengebäude einstürzen. Rachsucht und Gier offenbar werden. Liebe in Hass umschlägt und Menschen büßen müssen.

Rezension:
Aus dem Urlaub direkt hinein ins „Vergnügen“ - denn am Flughafen steht nicht nur der miesepetrige Ex-Mann, nein, vor der ersten Dusche warte auch direkt schon eine Leiche auf Pia Kirchhoff.
Außerdem gibt es einen neuen Kollegen – Cem Altunay.

Oliver von Bodenstein hingegen hat ganz andere Probleme: Seit sechs Monaten ist seine Frau Cosima weg, mit ihrem russischen Liebhaber umsegelt sie die Welt.
Aber damit nicht genug – wie sich nach und nach herausstellt, steht der neue Fall in unmittelbarer Beziehung zu seiner Heimat und seiner eigenen Familie.
Bis sich die genauen Zusammenhänge herauskristallisieren, vergeht allerdings noch ein wenig Zeit.

Im Zentrum von allem steht ein Windpark, dessen Bau von einer Bürgerinitiative heftig bekämpft wird. Deren Mitglieder, untereinander alles andere als ein Herz und eine Seele, könnten unterschiedlicher nicht sein – was Alter, Herkunft, Beruf und natürlich die ureigenen Beweggründe für ihre Ablehnung des Vorhabens anbetrifft.

Ein bisschen zwielichtig sind sie alle:
Der wortgewandte und wortgewaltige Jannis, der seine ganz eigenen Ziele verfolgt und sich nicht scheut, mit krummen Methoden die Medien einzuspannen, um seine Position innerhalb der Gruppe zu stärken.
Ricky, seine Partnerin, die als Hundetrainerin den Vierbeinern zwar sehr gut sagen kann, wo es langgeht, in Beziehungen aber offenbar kein glückliches Händchen hat.
Nika, deren Freundin, die offenbar ein Geheimnis hütet.
Frauke, die Hundefriseurin, die neben den anderen Frauen immer eher die zweite Geige spielen muss.
Und der 16jährige Mark, der seine Sozialstunden im Tierheim ableistet und seitdem Rickys „Ziehkind“ ist.

Und noch manch anderer scheint etwas zu verbergen zu haben – das gilt sowohl für Stefan Theissen, den Chef der Windradfirma, als auch fürKlimaexperte Professor Dirk Eisenhut.

Dann wird wieder gestorben und einer der exponiertesten Figuren verliert auf grausame Weise sein Leben.
Damit nicht genug: Eine kurz darauf stattfindende Bürgerversammlung läuft so völlig aus dem Ruder, dass selbst die hartgesottenen Polizisten Todesangst verspüren.

Doch Neuhaus wäre nicht Neuhaus, wenn die Ermittler nicht auch Raum fänden für private Nöte und Freuden: So rappelt es etwa bei Pias Ex und ihrer besten Freundin, die sich als Paar zusammengefunden hatten, ordentlich im Gebälk.

Und auch ihre eigene Beziehung läuft nicht in jeder Hinsicht rund – was auch damit zusammenhängt, dass Kollege von Bodenstein aufgrund seiner ganz persönlichen Verstrickung in den Fall, streckenweise weit weniger belastbar ist als sonst.

Die Protagonisten von Nele Neuhaus lösen nicht nur Kriminalfälle, sie sind auch Privatmenschen. Und, ganz wie im „echten Leben“, lässt sich häufig das eine nur schwer vom anderen trennen. Da vermischt sich Privates und Berufliches, fließen Gefühle und Überzeugungen in die Arbeit ein.
Das darzustellen gelingt der Autorin wie wenige anderen – und das schätzen die Leser auch ganz besonders.

Doch auch die anderen Figuren - „gute“ wie „böse“ - werden in ihrer gesamten emotionalen Tiefe ausgelotet.
Nicht immer handeln sie bewusst grausam: Zuweilen sind es unbedachte Äußerungen, einfach nur rücksichtsloses Verhalten, die dafür sorgen, dass andere Menschen bis ins Mark getroffen, fürs Leben gezeichnet und verletzt werden.

Bestechung im großen Stil, Druck und Erpressung der übelsten Sorte – allein die Vorstellung ist widerwärtig und doch passieren solche Dinge, man muss nur die Tageszeitung aufschlagen, um alles nachzulesen.
Wenn die Verlockung des Geldes ins Spiel kommt, dann fallen viele Hemmungen. Denn drei Millionen Euro sind verdammt viel Knete, Asche, Kapital.
Wer würde da wohl für sich selbst die Hand ins Feuer legen und eine solche Summe ohne Weiteres ausschlagen?

Erneuerbare Energien, ja, sehr gern!
Allerdings gilt auch in Deutschland oft – wie anderswo: „Not in my backyard!“ - also bitteschön NICHT vor der eigenen Haustüre.

Ein aktuelles Thema, geschickt kombiniert mit menschlichen und allzu menschlichen Spannungssituationen – und als Ergebnis ein fesselnder Roman, dessen Umfang von 560 Seiten nur dann zum Problem wird, wenn die Zugfahrt zu kurz ist.

Miss Sophie