Ursula Poznanski
Die Verratenen
(1. Band der Trilogie)
Sie ist beliebt, privilegiert und talentiert. Sie ist Teil eines Systems, das sie schützt und versorgt. Und sie hat eine glänzende Zukunft vor sich Rias Leben könnte nicht besser sein.
Doch dann wendet sich das Blatt: Mit einem Mal sieht sich Ria einer ihr feindlich gesinnten Welt gegenüber und muss ums Überleben kämpfen. Es beginnt ein Versteckspiel und eine atemlose Flucht durch eine karge, verwaiste Landschaft.
Verzweifelt sucht Ria nach einer Erklärung, warum ihre Existenz plötzlich in Trümmern liegt. Doch sie kann niemandem mehr vertrauen, sie ist ganz auf sich allein gestellt.
Rezension:
Wir schreiben ein Jahr in einer sehr fernen Zukunft.
Die Bewohner sind hochzivilisiert und wissenschaftlich absolut auf der Höhe der Zeit. Physiker beschäftigen sich mit einer ständigen Weiterentwicklung der vorhandenen technischen Gerätschaften, Mikrobiologen treiben die Forschung vor allem in Sachen Nahrungsmittelbeschaffung voran.
Die künftige Führungselite besteht aus "Vitros", Kindern, die bei Ziehmüttern groß werden, bis sie in die Akademien eintreten können, wo sie in allen wichtigen Wissenschaften ausgebildet werden. Ihre künftige Funktion lässt sich meist schon anhand dessen erkennen, wie sie gerufen werden.
Die 18jährige spricht 11 Sprachen und ihre besondere Stärke ist einerseits ihre Eloquenz, andererseits ihre Fähigkeit, "Menschen zu lesen", also ihre Worte in Einklang mit Mimik und Gestik zu bringen und so der Wahrheit ihrer Aussagen auf den Grund zu gehen.
Was dann geschieht, ist ganz großes Kino:
Dies gelingt den Protagonisten natürlich unterschiedlich gut - sie müssen einige Rückschläge, gar herbe Verluste hinnehmen. Und sich immer wieder fragen, wem sie trauen können - selbst untereinander.
Sich mit den Charakteren zu identifizieren fällt leicht - denn sie sind immens vielschichtig und so angelegt, dass jede Leserin und jeder Leser schnell eine Lieblingsfigur findet: Egal ob es nun Ria selbst ist, oder Aurelijo, der Friedenstifter und geborene Leader, Tycho, der brillante Erklärer und Erfinder, Fleming der Mdiziner, Tomma, die Botanikerin oder Dantorius, der Maler und Dichter.
Das Setting ist ungewohnt, überraschend und gleichzeitig an reale Entwicklungen in Wissenschaft und Technik angelehnt - klar, die Autorin ist ja von Haus aus Medizinjournalistin.
Alles in allem ist der Roman fesselnd für Jugendliche und Erwachsene gleichermaßen und hat nur ein einziges Manko: Dass die Fortsetzung erst im kommenden Jahr erscheinen wird!
Miss Sophie
Loewe Klappenbroschur
ISBN 978-3-7855-7546-8
(ab 14 Jahre)
Wenn ein Buch dich schon von der ersten Seite an so packt, dass du es nicht mehr aus den Händen legen kannst, bis die letzten Sätze gelesen sind, dann ist das mit Sicherheit ein Zeichen für Qualität.
Und dafür, dass der Autor - bzw. in diesem Fall die Autorin - einen Nerv getroffen, also ein Setting geschaffen hat, das faszinierend und spannend ist.
Die Erde hat mehrere schwere Natur- und Klimakatastrophen überstanden, sowie die "Wasserkriege" von 2036-2040 und die "Sphärenattentate" von 2092. Die Temperaturen sind überwiegend unwirtlich und unbeständig. Um zu überleben haben die Menschen "Sphären" gebaut, riesige Kuppeln mit gereinigter, gewärmter Luft, durch Höfe miteinander verbunden.
Die medizinische Versorgung ist erstklassig, um nicht zu sagen, fast unheimlich umfassend: Jeder Bewohner trägt einen Sensor, der permanent Puls und Sauerstoffsättigung misst und an das medizinische Zentrum überträgt. Ebenso wie die Bestandteile der Nahrungszufuhr - und wehe, jemand hat aus Versehen zu wenig Eiweiß oder Vitamine zu sich genommen!
So wie bei "Ria" - deren vollständiger Name "Eleria" an Eleonore von Aquitanien und Ariadne, Tochter des Minos, erinnern soll.
Doch gerade sie muss erleben, dass Menschen, die sie ihr ganzes Leben lang gekannt hat, plötzlich zu Feinden werden - und weiß nicht einmal warum.
Gemeinsam mit fünf anderen Jugendlichen wirft man ihr Staatsverrat vor - ohne dass sich auch nur eine oder einer der zwei Mädchen und vier jungen Männer einer Schuld bewusst ist.
Das alles jedoch ist zweitrangig, denn zunächst gilt es zu fliehen - abseits der gesicherten Gegenden von "Neu-Berlin 3", "Neu-Colonia" oder "Spessart 3" - mitten hinein in die Wildnis, wo die Außenbewohner leben. Wilde Gesellen, die sich ihren Lebensunterhalt durch Raubzüge und Überfälle verdienen, und die es zu fürchten gilt.
Sollte man meinen ...
Ria und ihre Freunde müssen sich in einer ganz neuen Umgebung behaupten, ihre bisherigen Überzeugungen immer wieder komplett auf den Prüfstand stellen und neu bewerten.
Während sie verzweifelt versuchen, herauszufinden, WER ihnen nach dem Leben trachtet und vor allem WARUM, gilt es, ihre bisher erworbenen technischen und naturwissenschaftlichen Fähigkeiten und Kenntnisse auf ganz andere Weise einzusetzen.
Diese psychologische Komponente ist, neben dem grandiosen Spannungselement, eine der wesentlichen Säulen dieses Romans.