Das Buch direkt bei Amazon bestellen Jörg Maurer
Unterholz

Alpen-Krimi
(5. Band Kommissar Jennerwein)
Scherz gebunden
ISBN 978-3-651-00042-1

Auf der Wolzmüller-Alm oberhalb des idyllischen alpenländischen Kurorts wird eine Frauenleiche gefunden.
Jennerweins Bemühungen, etwas über die „Tote ohne Gesicht“ zu erfahren, laufen ins Leere. Niemand im Ort will etwas über geheime Treffen auf der Alm gewusst haben, und der Bürgermeister bangt nur um seine Bollywood-Kontakte.
Endlich verrät das Bestatterehepaar a.D. Grasegger dem Kommissar, dass es sich bei der Toten um die „Äbtissin“ handeln soll, eine branchenberühmte Auftragskillerin. Wer hat es geschafft, sie umzubringen?
Da geschieht ein weiterer Almenmord, ein mysteriöser Maler gerät ins Fadenkreuz, und Jennerwein pirscht mit seiner Truppe durchs Unterholz…

Rezension:
Endlich ist raus, was sich schon seit einiger Zeit abzeichnete:
Das internationale Verbrechen hat eine heimliche Zentrale.
Deutschland – Bayern – Werdenfelser Land.

“Alles im Ort ist nur zehn Minuten entfernt“, informiert Chronist Jörg Maurer seine geneigte Leserschaft und doch tobt genau hier, an diesem idyllischen Ort, das Laster, wenn zu Weiterbildungszwecken zusammenkommt, was zusammengehört:
Die Crème de la Crème der Auftragskillerzunft aus aller Welt.
Aus Russland, Italien, Tunesien, Frankreich und natürlich Österreich sind sie angereist, um ihr Wissen über Waffen, Forensik und Tötungstechniken aller Art auszutauschen. Nur die Inder haben sich verspätet.

Doch all das spielt keine Rolle mehr, als sich mitten unter diesen mörderischen Spezialisten das Undenkbare ereignet: Jemand stirbt.

Wer an diesem Punkt denkt, der Autor habe sein Pulver an skurrilen Einfällen nun bereits praktisch verschossen, der kennt Jörg Maurer schlecht.
Denn das kuriose Wechselspiel mit Identitäten und Verkleidungen hat eben erst begonnen.

Nicht nur die Bösewichte beherrschen die Kunst der Maskierung gar trefflich – auch das übliche „Personal“ läuft wieder einmal zur Hochform auf.
Ganz egal, ob es sich dabei um die Polizeiobermeister Johann „Joey“ Ostler und den bodenständigen Franz Hölleisen handelt, die mit dem halben Ort entweder verwandt oder zur Schule gegangen sind, um die scharfsinnige Psychologin Dr. Maria Schmalfuß, den in Sachen Theater hoch gebildeten Allgäuer Hauptkommissar Ludwig Stengele oder die außerordentlich gelenkige Recklinghäuser Austauschkommissarin Nicole Schwattke. Ganz zu schweigen von der zentralen Figur, the one and only Kommissar Hubertus Jennerwein.

Eben dieser befindet sich nicht nur bereits auf der ersten Seite des ersten Kapitels in einer ausgesprochen misslichen, wenn nicht gar lebensgefährlichen Lage - was einer Konstruktion mit dem Namen Die Schweinefessel geschuldet ist, bei der ein Stahldraht um den Hals eine zentrale Rolle spielt..., sondern darf durch seine nachgerade akrobatischen Höchstleistungen im alles entscheidenden Showdown durchaus auf einen Platz im Olymp der Actionhelden hoffen.

Zwischen diesen beiden Szenen wird der Leser in loser Folge mit ungewöhnlichen Lösungen für unüberbrückbare Differenzen im ehelichen Alltag konfrontiert, erwirbt Fachwissen über Aas fressende Käfer, lernt alles über die unschätzbaren Vorteile eines Gangsternetworks, sowie die idealen Voraussetzungen für eine erfolgreiche Laufbahn als Hitman oder Knipser und staunt über die Verflechtungen von Kunst und Schickeria, unter besonderer Berücksichtigung alpiner Naturtalente.

So wie der Wolzmüller Michl – faul, genügsam, verlottert und hässlich... aber ein Genie am Zimmermannsbleistift.
Wie ein Geist taucht er immer wieder aus den Schatten des Unterholzes – und der Geschichte – auf.

Doch neben dieser und allerlei anderer neuer Figuren (bis hin zu einem sprechenden Tatwerkzeug) gibt es ein Wiedersehen mit dem von allen Fans heiß geliebten Betrüger-Ehepaar Grasegger und Karl Swoboda, der mal mit, mal ohne Gewalt, aber immer gegen Geld den Problemlöser gibt.

Am Ende der 58 kurzweiligen Kapitel mit den eben so vielen vorangestellten Bonmots (die mehr von dichterischer Freiheit und kreativer Phantasie als von stundenlanger Recherche in staubigen Archiven zeugen) plus Nachwort, Rezept-Anhang und sehr origineller Danksagung ist auch die letzte Frage beantwortet, wer wann wo was warum getan oder gelassen hat.
Außerdem hat sich den Lesern ein höchst unterhaltsamer Blick auf die (natürlich rein fiktive) Vielschichtigkeit einer nach außen so einfachen, heilen Alpenwelt geboten, wo der (natürlich rein fiktive) Bürgermeister durch die Gewinnung (natürlich rein fiktiver) neuer touristischer Zielgruppen noch höchstselbst die Weichen für den (hoffentlich nicht rein fiktiven) Wohlstand stellt.
Vor allem aber hat Autor Jörg Maurer den Beweis geliefert, dass es eine Steigerung zu dem gibt, was er bereits – zu Recht vielfach preisgekrönt – ersonnen und veröffentlicht hat. Denn in „Unterholz“ zeigt sich die perfekte Verschmelzung von Spannung und Humor mit Anspruch.

Das einzige Problem dabei:
Einmal eingetaucht in diesen Mikrokosmos der ganz besonderen Art mag man sich fast nicht mehr lösen und möchte am liebsten direkt dorthin fahren, wo die Alpen offenbar am kriminellsten sind, in die Heimat von Jennerwein und Konsorten.

Miss Sophie