Das Buch direkt bei Amazon bestellen Klaus-Peter Wolf
Ostfriesenmoor

(7. Band)
Fischer TB
ISBN 978-3-596-19042-3

Den Anblick dieser Leiche würde Ann Kathrin Klaasen nie vergessen:
„Der Täter hat mit Hilfe eines Metalldrahtes den Körper eines toten Mädchens nachgeformt und darüber die Haut gespannt. Wie bei einem Fliegengitter, nur viel stabiler … und beweglich.“ So stand es im Obduktionsbericht.
Dann hat er sein Werk im Moor versenkt. Wer tut so etwas? Und vor allem: Wer kann so etwas?
Ann Kathrin Klaasen ist sprachlos, als sie das ganze Ausmaß erkennt, mit dem der Täter hier zu Werke ging.
Während das Team in Aurich ersten Hinweisen nachgeht, wird in Norddeich ein Kind vor der Apotheke gestohlen. Und bald darauf verschwindet ein zweites Kind. Sucht der Moor-Mörder nach weiteren Opfern?
Für Ann Kathrin Klaasen beginnt eine der schaurigsten Ermittlungen ihres Lebens.

Neugierig geworden?
Hier finden Sie eine Hörprobe, gelesen vom Autor selbst.

Rezension:
Der Roman beginnt mit einem Schicksalsschlag für Protagonistin Ann Kathrin Klaasen – und zwar im wahrsten Sinne des Wortes: Ihre Mutter erleidet einen Schlaganfall.

Parallel dazu ereignet sich ein Leichenfund, der ebenfalls alles andere als gewöhnlich ist: Es handelt sich um den plastinierten Körper eines Kindes, gefunden im Moor.

Das ist harter Tobak – nicht nur für die ermittelnden Beamten, auch für den erfahrenen Krimileser.
Doch wo dieser glaubt, dies sei genügend Grauen für ein einziges Buch, wird er knapp hundert Seiten später eines Besseren belehrt, als ein Baby aus einem Kinderwagen verschwindet und eine ganz offensichtlich wahnsinnige Person ankündigt, sich die restlichen Töchter der Familie auch noch zu holen.
Davon allerdings weiß das Team von Chef Ubbo Heide natürlich nichts – und längst ist nicht klar, ob es sich denn überhaupt um einen Einzeltäter handelt.
Vielleicht ist der Ansatz, bei einigen gut situierten Herrschaften wie dem Ex-Chirurgen Ollenhauer und seinen, für ihre Charity-Projekte mit auffälligen Jugendlichen bekannten, Freunden, genauer hinter die Kulissen zu sehen, doch nicht verkehrt ...
Ganz abgesehen davon, dass auch ein Familiendrama denkbar scheint, in Anbetracht der Tatsache, dass sich der Ex-Mann nebst neuer Freundin zufällig ebenfalls vor Ort aufhalten. Um Urlaub zu machen … Zumindest beschuldigen sich die Beteiligten munter gegenseitig, was durch das Eingehen einer Lösegeldforderung noch verschärft wird.

Die Situation spitzt sich zu, die Dinge überschlagen sich – und alles wird noch furchtbarer, als der Leser es sich in seinen kühnsten Träumen ausmalen könnte...

Wieder einmal hat Klaus-Peter Wolf einen ausgesprochen verwickelten Page-Turner zu Papier gebracht, dessen mehr als fünfhundert Seiten nie langatmig werden. Einzig könnte man dem Autor vorwerfen, den einen oder anderen Strang nicht komplett „aufgewickelt“ zu haben – wobei dem Vielschreiber durchaus zuzutrauen ist, genau diese losen Enden zu einem späteren Zeitpunkt wieder aufzugreifen und sich daher bewusst zum einen oder anderen Thema nicht abschließend geäußert zu haben …

Das Thema selbst ist schwer – doch gelingt es Wolf, vor allem durch seine teilweise sehr skurrilen Figuren, dem allgegenwärtigen Grauen ein Gegengewicht zu geben. Da ist beispielsweise Kommissar Rupert, die Dumpfbacke vom Dienst, der einen Fall nicht mal erkennt, wenn dieser ihm auf dem Silbertablett serviert wird. Das Macho-Gehabe dieses Königs der Seitensprünge und die Neigung, sich wahnsinnig wichtig zu nehmen und zu geben, dient eindeutig dazu, die Minderwertigkeitsgefühle zu überspielen, die ihm offensichtlich gehörig zu schaffen machen.
Doch trotz dieses komischen Elements rutscht das Ensemble nie in die Klamotte ab – dazu wiederum werden die Charaktere zu lebensnah dargestellt.
Diese Polizisten haben alle auch ein Privatleben und nicht immer gelingt es ihnen, sich komplett auf die Sachebene zu begeben.

So benimmt sich Frank Weller, Lebenspartner und Kollege von Hauptkommissarin Klaasen, zuweilen sehr irritierend. Auf der einen Seite ist er ungemein fürsorglich – der Freundin, aber auch den Geschädigten gegenüber -, bemüht sich, Ann Kathrin zu schützen, pflegen, umsorgen, soweit sie es zulässt … Auf der anderen führt er sich komplett irrational auf, wird im Umgang mit Verdächtigen ausfällig, lässt sich von Reichtum, Ignoranz und Überheblichkeit provozieren … Halt ganz so, wie es im richtigen Leben auch passiert, wo nicht immer der analytische Verstand siegt, auch wenn es besser wäre.

Auch die schwierigen Entscheidungen, die Protagonistin Klaasen bezüglich ihrer Mutter treffen muss, die Verunsicherung im Umgang mit der Mutter, die sie nach dem Schlaganfall kaum wiedererkennt, so sehr hat sich die einst ausgesprochen kultivierte und belesene Ex-Lehrerin verändert, all das fließt ganz selbstverständlich in die Handlung ein und beeinflusst das Denken und Handeln der Figuren – ganz so, wie es auch in der Realität der Fall wäre.

Es ist diese Mischung, die den großen Erfolg von Autor Wolf ausmacht:
Spannende Fälle mit dem gewissen Etwas, dazu lebensnahe Figuren, die der Leser einfach ins Herz schließen muss und nicht zu vergessen das ausgeprägte Lokalkolorit, das nicht nur durch Landschaftsschilderungen zum Tragen kommt, sondern auch durch die Einbindung von „echten“ Personen, wie Ostfriesland- Magazin-Redakteur Holger Bloem oder Kinderliedermacherin und Autorin Bettina Göschl.

Die freudige Nachricht für alle Fans – Fall acht („Ostfriesenfeuer“) ist bereits in der Mache, eine Leseprobe von einem guten Dutzend Seiten gibt es als Extra am Ende von „Ostfriesenmoor“!

Miss Sophie