Das Buch direkt bei Amazon bestellen Jean Bagnol Nina George Jo Kramer
Commissaire Mazan und die Erben des Marquis

Quality Paperback, Knaur HC
ISBN: 978-3-426-21378-0

Die halbalgerische Drogenfahnderin Zadira Matéo wird in ein beschauliches provenzalisches Winzerdorf abgeschoben.
Verbittert begegnet sie jedem mit Misstrauen, nur einen herrenlosen schwarzen Kater schließt sie ins Herz.
Als die Leiche einer jungen Frau auftaucht, wird der Streuner zu ihrem Partner, zu »Commissaire Mazan«.
Denn er kann dorthin, wo Zadira keinen Zutritt hat, er hört, was niemand wissen darf, und sieht, was geheim bleiben soll.

Rezension:
Hübsche, zutrauliche Samtpfote auf dem Cover, französischer Autor ... wird wohl einer dieser beschwingten, humorvollen Tierkrimis sein, wie sie sich in Zeiten von millionenfachem "Cat Content" in sozialen Netzwerken immer größerer Beliebtheit erfreuen, oder?

Falsch, falsch und ganz falsch!

Der schwarze Kater und Titelheld ist ein mißtrauischer, menschenscheuer Vagabund, der gallische "Autor" ist in Wirklichkeit ein schreibendes Ehepaar aus Hamburg und der Roman ...
... eine Meisterleistung aus düsterer und gleichzeitig faszinierender Krimikost mit pointierten Dialogen, erotischen Szenen und atemberaubend spannender Handlung. Aber KEIN Katzenkrimi.

Doch von Anfang ...

Im Alter von elf Jahren wird Zadira Halbwaise. Ihr Vater, ein Straßenhändler, wird durch eine Polizeikugel erschossen. Als sich die junge Frau später entscheiden muss, auf welcher Seite SIE künftig stehen möchte, wählt die schwarzhaarige Schönheit mit den grünen Augen das Gesetz.
Ob das wirklich eine weise Entscheidung war, fragt sie sich nicht nur ein Mal.

Denn obwohl die Halbalgerierin in Marseille eine harte Schule durchlaufen hat, ist der neue Einsatzort, inmitten von Männern, die sie verspotten, ihre Arbeit torpedieren, sie provozieren und offen beleidigen, alles andere als ein Kinderspielplatz.
SO kurz ist die 33jährige davor, die Brocken hinzuwerfen, den Kampf gegen Windmühlen, Vorurteile und korrupte Sexisten einfach aufzugeben, doch dann siegt der Trotz.
Macht sie stärker und beschert ihr ungeahnte Verbündete:
Einen dicken, aber gewieften Gendarmen, sowie einen Kater, der eine Rettungsaktion mit dem Verlust seiner Schönheit bezahlte (doch was ist ein Schlitz im Ohr gegen das Leben einer Kätzin?!).

Zadira nennt den bisher namenlosen Streuner "Commissaire Mazan" und damit ist er im Boot, unterstützt sie mit seinem siebten Sinn und einer geheimnisvollen Fähigkeit, als sowohl Katzen als auch Menschen in Todesgefahr geraten und es plötzlich eine Leiche nach der anderen gibt.

Hilfe erfährt die Frau, deren Mission die Forderung nach Gerechtigkeit für die Schwachen und Benachteiligten ist, auch durch den neuen Tier- und Amtsarzt, den sie auf recht unkonventionelle Art und Weise kennenlernt.

Der Fall spitzt sich zu - im Zentrum das Quartett, dessen Verbundenheit auf die Verehrung für den Marquis de Sade und seine Lehren gründet.

Die Politprominenz wird ins Zwielicht gerückt, hochrangige Beamte als das entlarvt, was sie sind und bei ihren geheimen Spielen treiben und doch steckt mehr dahinter, als man auf den ersten Blick vermuten würde.

Es geht um Sex - und wen wundert es, dass die entsprechenden Szenen ebenso explizit wie elegant ausfallen, stammen sie doch aus der Feder von Nina George, Alter Ego von "Freizeit-Sexual-Anthropologin" und "Sexpäpstin" Anne West.

Es geht aber auch um Macht - sowohl einen vernünftigen Umgang damit als auch den Mißbrauch derselben, in vielerlei Hinsicht.

Schließlich - und irgendwie immer und immer wieder - geht es auch um Gefühle. Und die Angst davor.
Auch da wissen beide, Nina George und ihr Mann Jo Kramer, ganz genau, was sie tun, wurden sie doch - dreimal – einzeln – für den DeLiA, den besten deutschsprachigen Liebes-Roman nominiert.

Es sind viele Parallelwelten, die in "Commissaire Mazan und die Erben des Marquis" geschildert werden, viele Gegensätze, die sich offenbaren.
Arm und reich, Hund und Katze, Opulenz und Minimalismus.
Alles andere als unterschwelliger Rassismus und so ausgeprägter Chauvinismus, dass die Leserin schreien möchte - und auf der anderen Seite gütige Menschen mit Herz, wenn auch zunächst vielleicht versteckt.
Dekadenz, die mit Einfluss einhergeht - und doch durch Zähigkeit und Unbestechlichkeit bekämpft werden kann.

Ein Roman, den man in einem Rutsch liest - und danach am liebsten gleich nochmal. Der die Leserschaft betrübt und erheitert. Erschreckt und erhellt.
Packend, erdig, dreckig und echt. Wie die Menschen und der Wein in der Gegend., in der er spielt.
Aber KEIN Katzenkrimi.

Miss Sophie