Das Buch direkt bei Amazon bestellen Frank Köhnlein
Vollopfer - Ein Hepp-Roman

Wörterseh Klappenbroschur
ISBN 978-3-03763-038-9

In einem Internat für schwer verhaltensauffällige Jugendliche wird der Heimleiter Wieland verletzt und bewusstlos in der Sauna aufgefunden – mehr Hummer als Mensch.
Für den pragmatischen Kommissar Poltrone und seine Assistentin, die Blonde, ist der Fall schnell gelöst.
Nur Dr. Paul Hepp, der Psychiater im Heim, mag nicht glauben, dass einer seiner Jugendlichen etwas damit zu tun hat, auch wenn die natürlich schon ziemlich schräg daherkommen; die Yasmin, die sich halbe Andreasgräben in den Unterarm schnitzt, die Jelena, die seit Jahren mit niemandem mehr redet, der Noel mit seinen komischen Fahrplanheften, der Phil, der immer schläft.
Bald wird deutlich: Ohne etwas von Jugendpsychiatrie zu verstehen, wird man kaum klären können, was wirklich passiert ist und wer hier eigentlich das »Vollopfer« ist.

Übrigens:
Wer sich einerseits aus dem Buch vortragen und andererseits einen Eindruck vom Autor bekommen möchte, sollte sich dieses Video nicht entgehen lassen!

Rezension:
Zum Romanauftakt ein Blutbad - das kennt der Krimikenner ja zu genüge.
Wenn der rote Saft allerdings das Resultat aus der Begegnung zwischen einem Japanmesser und dem Unterarm einer Sechzehnjährigen darstellt, und sich der auf dem Weg in die Oper befindliche Arzt fragt, ob er noch Gallseife zu Hause hat, weil "mit Rei in der Tube kriegst du Jugendlichenblut auf der Jeans nie und nimmer weg" ... dann, ja dann wird schnell klar, dass dieser Roman von ganz besonderem Kaliber ist!

Nicht weniger spannend oder rätselhaft als jeder konventionelle Krimi, aber dennoch komplett anders.

In erster Linie liegt das natürlich an Dr. Paul Hepp, dem Protagonisten, als Psychiater der "Facharzt für Antihelden schlechthin".
Ein Mann, der seit Jahren von seiner Frau (die er ebenso betrügt wie sie ihn) stets Hemden zu Weihnachten und zum Geburtstag geschenkt bekommt, einen verrosteten Fiat fährt und dem zu jedem Zeitpunkt sehr wohl bewusst ist, dass mit seiner Fachrichtung kein Staat zu machen ist, nichts, womit man auf dem Golfplatz angeben oder sich die finanzielle Grundlage für eine Praxis am Zürichsee erarbeiten kann. Schon gleich gar nicht, wenn man in einem Heim für Jugendliche mit schweren Störungen tätig ist.
Dennoch macht Hepp keinen unglücklichen Eindruck - er hat es sich, wie schon seine eigene Mutter vor ihrer Alzheimer-Erkrankung immer so treffend bemerkte, ja selbst ausgesucht. Und er mag "seine" Jungs und Mädchen, die alle irgendwie Lieblingspatienten sind, mit ihren sämtlichen Macken.
Deswegen macht er sich natürlich Sorgen, als zwei davon verschwinden - parallel zum Auffinden des schwer verletzten Heimleiters (der auf dem zweiten Bildungsweg zu dieser Aufgabe kam).
Doch ist es zunächst fast mehr Zufall als eine gefühlte Notwendigkeit, dass Hepp hinter dem Rücken des Kommissars selbst Vermutungen und Nachforschungen anstellt. Die am Ende aber natürlich die Wahrheit ans Licht bringen ...

Um es gleich vorwegzunehmen:
Spannende Autoverfolgungsjagden sucht der Leser in diesem Buch vergeblich - wenngleich der Held sich seines Fahrzeugs durchaus bedient, um im Fall voranzukommen. Allerdings gern mal auf sehr ungewöhnliche Weise.

Was jedoch auf jeder Seite, in jedem Absatz zu finden ist:
Ein pointierter, durchaus ironisch eingefärbter, aber immer warmherziger, nie verächtlicher Blick auf die Welt, in der sich tief traumatisierte Kinder und Jugendliche jeden Tag behaupten müssen. Und ein Einblick in die Arbeit jener Fachleute, die es sich zur Aufgabe gemacht haben, diesen Kids beizustehen.
Die direkte Ansprache des Lesers durch den Erzähler tut ein übriges, um bereits ab dem ersten Kapitel einen unwiderstehlichen Sog zu erzeugen, der dafür sorgt, dass man sich am Ende fragt, wo denn nur die 190 Seiten geblieben sind, die man da wie im Rausch verschlungen hat.

Fazit:
Da wo man anderen Autoren mit Zweit-"Brotberuf" dringend anraten möchte: "Schuster, bleib bei deinen Leisten!" kann hier die Forderung nur sein: "Köhnlein, weg mit dem Pschyrembel und her mit einem weiteren Hepp!"

Miss Sophie