Das Buch direkt bei Amazon bestellen Marc Ritter
Frauenmahd

(4. Band Ex-Polizeireporter Karl-Heinz "Gonzo" Hartinger )
Piper TB
ISBN: 978-3-492-30603-4

? »Der Förster schmeißt einen Mann in den Kuhflucht-Wasserfall. Die Story musst du machen!«
Als Lokalreporter Karl-Heinz »Gonzo« Hartinger den Anruf von der Zeitung bekommt, ist er gerade in Berlin gelandet, um ein wildes Wochenende zu verbringen. Daraus wird nichts.
Kurz darauf stürzt die grüne Landtagsabgeordnete auf einer steilen Bergwiese, der Frauenmahd, zu Tode.
Zufall, dass beide Tote in der Nähe des geplanten Pumpspeicherkraftwerks gefunden werden?
Oder ist eine uralte Familienfehde Hintergrund der Morde?

Neugierig geworden?
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Rezension:
Man sollte meinen, dass ein Journalist, der seine Geschichten in allen internationalen Medien platzieren kann, beliebt und geachtet ist.
Nicht so beim Hartinger.
Der Karl-Heinz, ob seines Zinkens „Gonzo“ genannt, mag man nicht in Garmisch-Partenkirchen. Obwohl er dort geboren ist.
Und ein Kind mit der Mitterer Kathi hat.

Schuld ist die Tatsache, dass er in der Vergangenheit einiges aufgedeckt hat, was manch einer der örtlichen Parteibonzen und Unternehmer, aber auch das „gemeine Volk“ lieber unter dem Mantel des Schweigens gelassen hätte. Manch gutes Geschäft hat er auf diese Weise vermasselt, den Ruf des Ortes angekratzt, ganz zu schweigen von der Arbeit, die er der örtlichen Polizeiinspektion immer wieder verursachte. Sei es als (immer wieder falscher) Verdächtiger oder indem er auf Ermittlungen drängte, wo man alles kommod hätte beim Alten lassen können.

Dennoch geht Hartinger nicht weg – wo soll er auch hin? Aufgrund seiner prekären finanziellen Lage ist er froh, auf dem Hof der „Kindsmutter“ untergekommen zu sein, mit der ihn mittlerweile ein freundschaftliches Verhältnis verbindet, auch wenn sie oft grantelt.
Und wenn er sich gerade einmal für einen Wochenendtrip entschieden hat, dann wird das vo seinem alten Chef und Mentor bei der SZ, Kurt Weißhaupt, torpediert. Denn der Pensionär ist nach wie vor ein Trüffelschwein, wenn es um das Ausgraben von pikanten Geschichten geht. Die dann wiederum Gonzo recherchieren und schreiben soll.

Diesmal ist es ein toter Bestattungsunternehmer, angeblich vom Ex-Mann seiner Frau in den Tod gestoßen. Der bestreitet das – was aber Polizeichef Bernbacher ebensowenig kümmert wie der soziale Status eben dieser Ehefrau, einer sehr prominenten Bankierstochter.
Alles Ingredienzien für eine Story von genau dem Kaliber, das der Ex-Polizeireporter dringend braucht, um wieder im Geschäft zu sein.

Allerdings schalten sich nun nicht nur die Rechtsbeistände des Beschuldigten, sondern direkt auch das Bayerische Landeskriminalamt ein, mit dem Gonzo schon häufiger zu tun hatte. So akribisch, fleißig und effizient sind Hauptkommissarin Claudia Schmidtheinrich und ihr Chef, der undurchsichtige Bernd Schneider, dass sie die örtliche Polizei nicht selten alt aussehen lassen, vor allem, nachdem sich plötzlich die Todesfälle häufen.

Doch Hartinger hat es auch diesmal nicht nur mit den Vertretern der Exekutive zu tun. Sein Berliner Freund, ein PR-Spezialist, enthüllt ihm revolutionäre Pläne zur Energiegewinnung mittels Wasser- und Sonnenkraftwerken, mit beträchtlichen Auswirkungen auf die Landschaft. Es sind komplizierte Sachverhalte, um die es an dieser Stelle geht und es ist dem Autor hoch anzurechnen, wie er sie auch Laien verständlich präsentiert.
Natürlich ist der mittlerweile gewesene Bürgermeister Hans Wilhelm Meier ebenso von der Partie wie Tourismus-Unternehmer Veit Gruber.

Schnell wird klar, dass Informationen, und seien sie auch noch so geheim, sich dort kaum unter der Decke halten lassen, wo man im Vereinsleben – von Sportschützen über Trachtler,und Feuerwehr bis zu den Fußballern, Rotariern und Selbständigengemeinschaften – integriert und vernetzt ist.
Erkennbar auch, dass jedes Mittel recht ist, wenn Machtmenschen ihre Ziele durchsetzen wollen: Da wird manipuliert, epresst und das Recht gebeugt, was das Zeug hält. Begünstigt wird dies durch die Tatsache, dass praktisch jeder jeden von früher kennt.

Dann überschlagen sich die Dinge: Hartinger wird niedergeschlagen, in einem grauenerregenden Verließ gefangengehalten, in letzter Sekunde gerettet, nur um dann weiteren drei Mordanschlägen ausgesetzt zu sein …
Damit nicht genug: Auch lieb gewordenen Figuren geht es mächtig an den Kragen – im Loisachtal sterben die Menschen wie die Fliegen bis zum atemberaubenden Finale (dem auch diesmal eine mächtige Karambolage vorangeht).

Der Roman ist, obgleich es kaum möglich scheint, noch temporeicher als die Vorgängerbände, auf die immer wieder Bezug genommen wird (weswegen es zwar nicht unerlässlich, aber doch angeraten scheint, auch die anderen Krimis der Reihe gelesen zu haben).
Die berührten Themen sind so vielfältig – von Drogen über Menschenhandel, Kinderpornografie, Immobilienschwindel bis hin zu politischen Mauscheleien bis hinauf in die höchsten Kreise, dass es manchmal schwerfällt den Überblick zu behalten.
Was aber beim wahnwitzigen Tempo der Story ohnehin kaum möglich ist; da heißt es nur noch: Anschnallen, festhalten und dem Hartinger sämtliche Daumen drücken!

Schön wie sowohl der ehemalige Lehrer und Historiker Frey zum Zuge kommen als auch die beiden starken Frauenfiguren. Dabei darf Dr. Dorothee „Dotti“ Allgäuer vom Institut für Rechtsmedizin, mit der Hartinger eine On- und Off-Beziehung hat ihm immer wieder auf dem kurzen Dienstweg Erkenntnisse zukommen lassen, die eigentlich nicht für die Öffentlichkeit bestimmt sind, während die Mutter seines mittlerweile 17jährigen Sohnes, Kathi, beweisen kann, dass sie sehr wohl das Zeug dazu gehabt hätte, eine hervorragende Polizeireporterin zu werden … - wäre ihr nicht damals beim Zeitungspraktikum die Schwangerschaft dazwischengekommen.
Eine Hauptrolle hat diesmal auch Bärli, der treue Hund, ohne den die Geschichte schon nach zwei Dritteln ein böses Ende genommen hätte...

Alles in allem ein Roman wie eine Fahrt in der „Wilden Maus“: Mit einigen Ecken und Kanten, gehörig viel Angst vor den entscheidenden Kurven und einem Lachen zur Erholung in den Phasen dazwischen. Rasant und ein kleines bißchen übertrieben, so dass am Ende mit wackligen Beinen der Wunsch aufkommt: Und jetzt dasselbe noch mal!

Miss Sophie